Jodprophylaxe in Österreich

 

 

...siehe auch:


Bestandsaufnahme

Der in einem Artikel Frühjahrsmüdigkeit oder Unterfunktion? des Standard am 08.03.2007 von Herrn Dr. Lind hervorgehobene volkswirtschaftliche Nutzen der Jodprophylaxe darf bezweifelt werden, zumal die Hashimoto-Thyreoiditis meist erst nach einem langen Leidesweg der Patienten richtig diagnostiziert und behandelt wird. Gilt der Grundsatz ärztlichen Handelns, keinesfalls zu schaden, nicht bzw. nichts mehr?

Lesenswert ist die ausführliche Berichterstattung des Standard vom 08.02.2009:

Erkenntnisse

Zur immer häufigeren Diagnose von Schilddrüsenkrebs hatte die ÖGN am 02.04.2008 einer Presseinformation Stellung genommen, die leider nicht mehr online ist.

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Ernährungsfragen

Das Krankenhaus Barmherzige Brüder in Graz empfielt bei bestimmten SD-Erkrankungen eine jodarme Ernährung und bietet diese sogar in der Klinik an!

In dem Zusammenhang  ist auch dieses Merkblatt Jodkarenz der Uniklink Innsbruck sehr bemerkenswert:

    => http://www2.i-med.ac.at/nuklearmedizin/MerkblattJodkarenz.pdf

    Zitat daraus:

    ...Übermäßige Jodzufuhr kann dazu führen, dass Ihre Schilddrüse eine Überfunktion entwickelt bzw. sich die bestehende Überfunktion verstärkt. Stärker jodhältige Produkte sind daher möglichst zu vermeiden.(...).Jodiertes Kochsalz “Vollsalz jodiert” (unjodiertes Kochsalz wird nur gegen ausdrückliches Verlangen gegeben).Meeresfische und andere Meeresprodukte, Seetang, Kiwi, Johannisbeeren...

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Politische Aktionen und Reaktionen

Anfrage an die (ehem.) Bundesministerin Rauch-Kallat:

...daraus zitiert Frage 9:

    “Die Verwendung von Jodsalz unterliegt nur in verpackten Lebensmitteln einer Deklarationspflicht. Gibt es im Hinblick auf PatientInnen, die massive Probleme bekommen, wenn sie zu viel Jod aufnehmen, in Österreich darüber hinaus eine sichere, praktikable Möglichkeit zur gezielten jodreduzierten Ernährung?”

    Antwort => http://www.parlament.gv.at/PG/DE/XXII/AB/AB_03349/pmh.shtml

...daraus zitiert Antwort zu Frage 9:

    Grundsätzlich ist festzuhalten, dass mit Jod angereichertes Speisesalz gemäß dem Bundesgesetz über den Verkehr mit Speisesalz, BGBl. Nr. 112/63, als Vollsalz zu bezeichnen ist.

    In der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung wurde Jod nicht als Allergen eingestuft, eine spezielle Kennzeichnung von Jod kann somit nicht verpflichtend vorgeschrieben werden. Bei den Bestimmungen zur Lebensmittelkennzeichnung handelt es sich um voll harmonisiertes EU–Recht.

    Aus medizinischer Sicht ist dazu festzustellen, dass Jod ein essentielles, also lebensnotwendiges Spurenelement ist, das in bestimmten Mengen täglich (lt. Empfehlungen der Deutschen bzw. Österreichischen Gesellschaft für Ernährung 180 – 200 µg bei Erwachsenen bzw. 50 – 80 µg bei Säuglingen) zugeführt werden muss. Das gilt auch für Personen mit den in der Anfrage genannten Erkrankungen. In diesem Falle muss lediglich eine übermäßige Zufuhr (mehr als 500 µg/Tag bei Erwachsenen) vermieden werden.

    Da Österreich als Jodmangelgebiet gilt, ist es kaum möglich, durch die bei uns übliche Ernährung bedenkliche Jodmengen aufzunehmen. Das gilt auch für den Konsum von Lebensmitteln, welche mit jodiertem Salz zubereitet wurden, da die zugesetzte Jodmenge gering ist. Patientinnen und Patienten mit Erkrankungen, bei denen eine überhöhte Jodzufuhr zu vermeiden ist, ist daher nur zu raten, den Verzehr von Lebensmitteln, die von Natur aus einen hohen Jodgehalt haben (z.B. Fisch, Meeresfrüchte) einzuschränken sowie jodhaltige Nahrungsergänzungsmittel zu meiden. Bedingt durch die Anreicherung von Futtermitteln mit Jod können auch Milch, Milchprodukte und Eier einen relativ hohen Jodgehalt haben, sodass betroffenen Personen empfohlen werden kann, bei Auftreten von spezifischen Beschwerden und nach Analyse der Essgewohnheiten den Verzehr dieser Produkte zu vermindern.”

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Auslöser für die Anfrage:

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Forderungen an die Politik:

Das BMGFJ gab am 25.01.2008 diesen Runderlass heraus:

    ...Grundsätzlich sind im Fall des Zusatzes von jodiertem Speisesalz die einzelnen Zutaten anzugeben (z.B. Speisesalz und …jodid)...

Der eindeutig formulierte Erlass wurde seitens der österreichischen Lebensmittelindustrie “etwas” freizügiger interpretiert. Eine Klarstellung des Ministeriums wäre daher zu wünschen.

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Jodversorgung

Die Österreichische Salz-Gesetzgebung:

Auszug aus dem Protokoll der Parlamentsdebatte vom 10. Juni 1999:

    => http://www.parlinkom.gv.at/PG/PR/JAHR_1999/PK0313/PK0313.shtml

    VERBOT DES JODAT-ZUSATZES BEI SPEISESALZ WIRD AUFGEHOBEN

    Im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Österreich betreffend Schwierigkeiten beim Inverkehrbringen von Speisesalz wird seitens der Kommission die Auffassung vertreten, dass das Verbot des Vertreibens von Speisesalz, dem Kaliumjodat beigefügt wurde, gegen die Grundsätze des freien Warenverkehrs verstösst. Aus einem Gutachen des Obersten Sanitätsrates geht hervor, dass eine konkrete Gesundheitsgefährdung durch Jodat zwar nicht zu erwarten, jedoch auch nicht mit völliger Sicherheit auszuschliessen ist. Derzeit wird als Argument für die Unbedenklichkeit die langjährige breite Anwendung von Jodat als Zusatz von Speisesalz ins Treffen geführt, wobei keine schädlichen Wirkungen an Menschen festgestellt werden konnten. Aus diesem Grund erscheint eine Novellierung des Speisesalzgesetzes, die neben dem Jodid- auch Jodat-Zusatz vorsieht, geboten. Österreich werde aber weiterhin auf europäischer Ebene dafür eintreten, dass alle toxikologischen Untersuchungen hinsichtlich des Jodatzusatzes nachgeholt werden, heisst es in der Regierungsvorlage, die mit SP-VP-L-Mehrheit (bei Abwesenheit der Grünen) angenommen wurde.

    Abgeordnete Dr. POVYSIL (F) befürchtete ebenso wie ihr Fraktionskollege Dr. PUMBERGER eine Absenkung des "guten österreichischen Standards", da durch das Zusammenwirken von Jodid und Jodat der Jodgehalt insgesamt abnimmt. Abgeordneter Mag. HAUPT (F) setzte sich dafür ein, dass vermehrte Untersuchungen hinsichtlich der krankhaften Vergrösserung der Schilddrüse bzw. Schilddrüsentumoren angestellt werden.

    Ministerin HOSTASCH wies darauf hin, dass seit den 60er Jahren die Jodierung vorgenommen werde und dies eine wichtige gesundheitspolitische Massnahme darstelle. Erfahrungen in anderen Ländern zeigen zudem, dass durch den Jodat-Zusatz keine Verschlechterung des Gesundheitsstandards eingetreten ist.

Weitere Aussagen zur Verwendung von Jodat im Speisesalz:

Anm.: Zur Aussagekraft einer Urinprobe siehe hier unter “Jodmangel - Diagnose per Spontan-/Urinprobe...?”